Bevor wir darüber sprechen, ob Natron zu Recht als Wunderwaffe im Haushalt gilt, wollen wir einmal klären, um was sich dabei eigentlich handelt. Hinter Natron steckt ein meist chemisch hergestelltes basisches Salz, fachsprachlich Natriumhydrogencarbonat oder Natriumbicarbonat genannt. Im Volksmund ist es auch unter der Bezeichnung Backsoda oder Speisesoda bekannt. Selbst Bullrich-Salz, das gegen Sodbrennen helfen soll, ist im Grunde nichts anderes als Natron. In Zutatenlisten scheint Natron mitunter unter der Bezeichnung E 500ii auf. Übrigens ist Natron (also Backsoda) nicht zu verwechseln mit Waschsoda, bei dem es sich um Natriumcarbonat (ohne „hydrogen“) handelt. Letzteres wird aufgrund der hohen Alkalität ausschließlich zum Reinigen und Waschen verwendet. Warum ist Natron aber inzwischen vielerorts so beliebt, wofür kann es im Haushalt verwendet werden und hat es auch Schattenseiten?
Woher kommt Natron?
Natron ist ein natürlich vorkommender Stoff, der schon im alten Ägypten zur Mumifizierung von Leichen verwendet wurde. Abgebaut wurde es damals von den Salzseen im Natrontal, das im westlichen Teil des heutigen Ägyptens, etwa auf halber Strecke zwischen Alexandria und Kairo, liegt. Auch in den USA gibt es Salzseen, an denen Natron gewonnen und abgefüllt wird. Der Bedarf an Natron hat weltweit gesehen jedoch so stark zugenommen, dass heute ein Großteil im Solvay-Verfahren aus gewöhnlichem Kochsalz chemisch hergestellt wird. Ernest Solvay erfand das Verfahren in den 1860er-Jahren. Das in Kochsalz (chemische Formel NaCl) enthaltene Chlor wird im Herstellungsprozess durch Karbonat ersetzt, es entsteht Natron (chemische Formel NaHCO3). Das hört sich zwar erst einmal nach ziemlich viel Chemie an. Bei Erhitzen über 65° C zerfällt Natron allerdings bereits in seine Bestandteile, die allesamt reichlich vorkommen in der Natur. Es handelt sich dabei um Natriumcarbonat (das erwähnte Waschsoda), Kohlendioxid (CO2) sowie Wasser (H20). Insofern scheint Natron auf den ersten Blick gut für die Umwelt zu sein.
Beim näheren Hinsehen ist dem leider nicht ganz so. Bei der künstlichen Herstellung von Wasser wird nämlich eine große Menge an frischem Wasser benötigt. Bei der Wasserknappheit, die bedingt durch den Klimawandel vielerorts herrscht, ein durchaus nicht zu vernachlässigender Gesichtspunkt. Dazu kommt, dass bei der Herstellung eine nicht unerhebliche Menge an Calciumchlorid anfällt. Calciumchlorid ist ein unbrauchbarer, gesundheitsschädlicher Abfallstoff und wird von den Herstellern ins Abwasser geleitet mit dem potenziellen Risiko, das Trinkwasser zu verseuchen.
Natron macht das Essen bekömmlicher
Natron in der Küche zu verwenden gilt nach wie vor als Geheimtipp. Die gute Nachricht für alle, die gerne Marmelade kochen: Natron neutralisiert den extrem sauren Geschmack mancher Fruchtsorten (wie Rhabarber, Johannisbeeren, Brombeeren oder Stachelbeeren). Daraus folgt, dass man bei der Marmeladenherstellung weniger Zucker benötigt, um einen leckeren Geschmack zu erzielen und somit Kalorien einspart. Als Faustregel gilt 1 Messerspitze Natron pro Kilogramm Obst. Sie können auch eine Prise Natron ins Kochwasser von Hülsenfrüchten geben. Diese werden dadurch schneller weich und bekömmlicher. Apropos bekömmlicher – der Trick funktioniert auch bei Kohlgemüse, Stichwort Blähungen. Obendrein behält der Kohl die grüne Farbe und schlechte Gerüche in der Küche werden neutralisiert.
Ist Natron dasselbe wie Backpulver?
Nein. Allerdings besteht Backpulver zur Hälfte aus Natron. Die andere Hälfte ist eine Säure, meist Weinstein oder Natriumphosphat. Erst durch diese Beimischung kommt es zu der beim Backen erwünschten Wirkung, dass der Teig aufgeht. Denn im Backofen reagiert Natron mit der im Backpulver enthaltenen Säure und Kohlenstoffdioxid wird freigesetzt. Wer also Natron anstatt des Backpulvers verwenden möchte, sollte zum einen darauf achten, dass der Teig Säure enthält (zum Beispiel Joghurt oder Essig), und zum anderen, dass nicht zu viel Natron verwendet wird, sonst schmeckt das Gebäck am Ende nach Laugenbrezeln, und das ist nicht jedermanns Sache …
Mit Vorsicht zu genießen
Natron ist eine kostengünstige Alternative zu Medikamenten bei verschiedenen gesundheitlichen Problemen. Die bekannteste Anwendung ist gewiss Sodbrennen. Natron kann in Maßen verzehrt werden, solange man sich, je nach Alter und Gesundheitszustand auf 1 bis 3 TL pro Tag beschränkt. Viele schwören bei Sodbrennen auf die magensäureneutralisierende Wirkung. Dabei ist unbedingt ein zeitlicher Abstand zu den Mahlzeiten einzunehmen, da die Nahrung ansonsten wegen der fehlenden Magensäure nicht richtig verdaut werden kann. Die unangenehme Folge wäre Magenkrämpfe und Verdauungsprobleme. Dosierung: Geben Sie 1 TL Natron in 1 Glas Wasser, das Sie dann schluckweise trinken. Um einer Überdosierung vorzubeugen – die kontraproduktiv wäre, weil der Körper dann zur Neutralisierung des basischen Natrons noch mehr Säure produzieren würde –, zuerst nur eine kleine Menge trinken und abwarten, was passiert. Möglicherweise reicht es ja bereits, um die Beschwerden zu lindern.
Körperhygiene und Gesundheitspflege mit Natron
Natron kann zur Körperpflege verwendet werden. Die Reinigung des Gesichts mit Wasser, dem 3 bis 4 TL Natron hinzugefügt wurden, ist insbesondere für Menschen mit sensibler Haut eine gute Alternative zu teuren Waschlösungen. Hier noch ein weiterer Tipp für Sparfüchse: Natron eignet sich wunderbar als Badezusatz. Die teuren Basenbäder kann man sich schenken; Natron entsäuert den Körper genauso gut. Für ein Vollbad etwa 100 g des Natronpulvers in Wasser geben. Das Natron-Basenbad bitte maximal zweimal pro Woche genießen. Wem mehr an der geruchsneutralisierenden Wirkung von Natron gelegen ist, der kann auch ein 20-minütiges Fußbad mit 2 EL Natron machen.
Es gibt sogar Menschen, die ihre Zähne mit Natron putzen. Mag zuerst etwas seltsam anmuten, funktioniert aber – will man den Erfahrungsberichten Glauben schenken – tadellos. Einfach etwas Pulver auf die Zahnbürste streuen und die Zähne damit schrubben. Und auch bei Mundgeruch kann Natron helfen. Für eine geruchsneutralisierende Mundspülung mischen Sie einen gestrichenen Teelöffel Natron in ein Glas Wasser. Eine solche Mundspülung soll übrigens aufgrund der entzündungshemmenden Eigenschaften auch bei entzündetem Zahnfleisch und Halsschmerzen (gurgeln!) helfen.
Hier noch eine überraschende Anwendung von Natron: bei leichten Sonnenbränden. Etwas Natron in Wasser auflösen, ein Tuch oder das eigene T-Shirt damit tränken und wieder anziehen.
Natron zum Putzen verwenden
Natron nicht nur gegen schlechte Körpergerüche, sondern auch gegen unangenehme Gerüche anderswo im Haushalt, sei es im Kühlschrank oder auf Küchenutensilien, die beispielsweise mit Zwiebeln oder Fisch in Kontakt gekommen sind. In der Tag gibt es inzwischen viele Menschen, die sich generell von herkömmlichen Putzmitteln verabschiedet haben und ausschließlich Natron für anfallende Reinigungsarbeiten verwenden. Dazu geben sie einfach etwas Natronpulver auf einen feuchten Putzlappen und schon kann’s losgehen mit der Putzerei. Die zweite Möglichkeit wäre, in einem kleinen Schüsselchen eine Paste aus Natron und Wasser anzurühren und verschmutzte Armaturen etc. mit einem Schwamm einzureiben.
Egal ob Kalkflecken oder anderer Schmutz, Natron löst (fast) alles. Auf ärgere Schmutzflecken auf Teppichen, wie beispielsweise Hinterlassenschaften von Haustieren, etwas Natronpulver aufstreuen, über Nacht einwirken lassen und am nächsten Tag wegsaugen. Mit Natron lassen sich auch prima Verkrustungen auf dem Herd oder sogar Insekten auf der Windschutzscheibe im Nu entfernen. Verschmutzte Töpfe können Sie mit einer Mischung aus Natron und heißem Wasser aufkochen. Das löst hartnäckig anhaftende Speisereste, die sich dann leicht mit einem Schwamm entfernen lassen. Kannen, Thermosflaschen & Co. mit heißem Wasser auffüllen und 2 EL Natron hinzugeben. Kurz einwirken lassen und dann gründlich ausspülen.
Fazit
Das war jetzt nur eine kleine Auswahl an möglichen Anwendungen im Haushalt. Ob Natron aber als Wunderwaffe gelten kann, muss jeder für sich selbst entscheiden. Denn auch wenn Natron als Allroundtalent einen guten Ruf hat, hat es im Hinblick auf unsere Umwelt nicht nur positive Seiten.